Was zeigt dieses Bild?
Dieses kleine Objekt ist einer der wenigen Sachzeugen, die wir in Magdeburg noch als Erinnerung an eines der großen Themen der europäischen Rechtsgeschichte haben: Das Magdeburger Recht. Seit dem 12. Jahrhundert entstand in Magdeburg ein besonderes Stadtrecht, das maßgeblich zum Aufstieg der Elbmetropole beitrug. Über tausend Städte, die heute in Deutschland, Polen, Tschechien, der Slowakei, Ungarn, in der Ukraine, Weißrussland, Russland und Litauen liegen, übernahmen dieses Recht zwischen dem 12. und 19. Jahrhundert, erweiterten es und passten es an. Damit wurde es zum wirkmächtigsten mittelalterlichen Stadtrecht überhaupt.
Doch weshalb war dieses Stadtrecht so erfolgreich? Eine Antwort auf diese Frage lautet, dass in der Magdeburger Stadtverfassung das Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Akteuren in der und um die Stadt besonders ausgeglichen war. Der Stadtherr gab nicht alle Macht an ein einziges Ratsgremium ab, sondern die Gerichtsgewalt in der Stadt wurde von einem eigenen städtischen Organ ausgeübt, dem sogenannten Schöffenstuhl. Dieses Stadtgericht bestand nicht etwa aus studierten Juristen sondern aus meist zwölf juristischen Laien, die gemäß ihrer Erfahrung und ihrem gesunden Menschenverstand Urteile fällten.
Was ist auf dem Siegel zu sehen?
Vom Schöffenstuhl der Stadt Magdeburg stammt dieser Siegelstempel. Als selbständige Institution verfügten die Schöffen über ein eigenes Siegel, mit dem sie Dokumente beglaubigten. Auf dem Siegelstempel ist spiegelverkehrt das Siegelbild zu sehen, das zugleich eine Botschaft an die Betrachter des Siegels war. Hier stellte die siegelführende Institution oder Person ihr Selbstverständnis dar.
Dieser Siegelstempel zeigt das Wappen des Magdeburger Schöffenstuhls: Jesus Christus als Weltenherrscher und Weltenrichter, auf einem Regenbogen thronend, die Füße auf der Weltkugel ruhend, die Hände zum Betrachter geöffnet und damit seine Wundmale zeigend. Er wird begleitet von den Attributen seines Leidens: drei Nägel, die Lanze und die Dornenkrone. Die lateinische Inschrift lautet: »S[IGILLUM] SCABINORVM MAGDEBVRGENS[IS]« (Siegel der Schöffen von Magdeburg). Diese Weltgerichtsdarstellung auf dem Siegel verweist einerseits auf die alleinige christliche Legitimation der Urteile der Schöffen und machen andererseits deutlich, dass nach christlicher Vorstellung am Ende der Zeiten auch über die Schöffen und ihr Tun ein Richter zu Gericht sitzen werde.
Mit diesem Siegel waren nicht nur Urteile für Magdeburger Rechtsfragen versehen. Der Magdeburger Schöffenstuhl entwickelte sich zu einer wichtigen ratgebenden Instanz, bei der Schöffen aus anderen Städten des Magdeburger Rechts in strittigen oder unklaren Fällen anfragten. Die Magdeburger Schöffen erteilten daraufhin einen Schöffenspruch, den die anfragende Stadt in der Regel auch als Urteil übernahm. Auch diese Schöffensprüche versahen die Schöffen häufig mit ihrem Siegel.
Viele hundert dieser Sprüche sind in den Archiven der Empfängerstädte erhalten. Das Archiv hier in Magdeburg wurde gemeinsam mit dem Haus des Schöffenstuhls im 30-jährigen Krieg zerstört. So stellt dieses Siegeltypar eines der wenigen Objekte zur Geschichte dieser einzigartigen Institution dar, die noch in Magdeburg verwahrt werden.
Schaut euch das Siegel im Original an!
Du kennst Dich jetzt sehr gut mit dem Siegel des Magdeburger Schöffenstuhls aus. Frage doch Deine Eltern oder andere Erwachsene, ob Du Ihnen den Originalsiegel im Kulturhistorischen Museum Magdeburg zeigen und erklären darfst!
Bastelt euch selbst einen Siegelstempel!
In der Bastelanleitung findet ihr alle nötigen Schritte um selbst einen Siegelstempel zu basteln. Ladet euch die PDF-Datei herunter und arbeitet damit am Tablet oder Computer oder druckt euch die Anleitung aus.