Die Geschichte „Wenn die Maße zu klein sind“ haben die AutorInnen des Theaterstücks so aufgeschrieben, wie sie sie sich vorgestellt haben. Genau weiß man nicht, was damals wirklich vorgefallen ist. Aber Frau Dr. Gönczi informiert uns über die historischen Tatsachen:
Wenn die Maße zu klein sind. Eine Rechtsauskunft der MagdeburgerSchöffen
Quelle: „Of schefele oder ander maze zu kleine sin oder vnrecht waghe, daz muzen sie wol vorderen nach der stat kure oder zu bezzerennde mit ses vnde drizich schillingen.“
Übersetzung: „Ob Scheffel oder andere Maße zu klein sind, oder wenn es um eine ungerechte Waage geht, dann muss eine Neuberechnung nach der Stadtwillkür erfolgen oder es muss mit 36 Schillingen ausgeglichen werden.“
Wie und wann entstanden solche Rechtsauskünfte?
Die Rechtsauskunft stammt aus dem Jahr 1261 und ist auf Anfrage aus Breslau erteilt worden. Der Text stellt eine der ersten Quellen zur Spruchtätigkeit der Magdeburger Schöffen dar. Im Laufe des 13. Jahrhunderts versandte der Schöffenstuhl viele derartige umfassende Rechtsauskünfte, z.B. nach Goldberg, Leitmeritz und Görlitz. Schöffensprüche mit Lösungen zu konkreten Fällen sind hingegen erst aus dem 14. Jahrhundert überliefert.
Welche Bedeutung hatte diese Rechtsauskunft für die Stadt Breslau?
In der schlesischen Stadt Breslau ist das Magdeburger Recht spätestens seit 1241 nachweisbar. Dies lässt sich auf den Wiederaufbau der Stadt nach der Zerstörung durch die Mongolen zurückzuführen. Der Stadtherr, Herzog Heinrich III., verlieh der Stadt das Magdeburger Recht und erklärte dabei die Bürger von Breslau frei.
Zwanzig Jahre nach der Rechtsverleihung wandte sich der Breslauer Stadtherr, Herzog Heinrich III. der Weiße, zusammen mit den Bürgern von Breslau nach Magdeburg.
- Sie baten um Auskunft über die Regeln des Stadtrechts.
- Daraufhin versandten die Magdeburger Ratmannen und Schöffen eine umfassende Rechtsmitteilung. Das Schriftstück wurde mit dem Siegel der Stadt Magdeburg versehen.
- Die Magdeburger Rechtsmitteilung bestätigten die Herzöge Heinrich III. und Wladislaus von Breslau durch eine Urkunde vom 16. Dezember 1261.
Der Inhalt der Rechtsmitteilung
In der Rechtmitteilung ist geregelt, wie man beim Verwenden von falschen Maßen vorgehen sollte. Die Vorgabe war deutlich: Bei der Verwendung von ungerechten Maßen sollte eine Neuberechnung der Ware erfolgen, und zwar nach den in der Stadt üblichen Regeln. Auch eine Geldstrafe von 36 Schillingen wurde angedroht.
Wer profitierte von der Rechtsauskunft?
Es ist der Schutz des Handelsverkehrs, der im Vordergrund der Bestimmung steht. Zum Beispiel Kaufverträge funktionieren am besten, wenn bei der Abmessung der Ware die richtigen Maßeinheiten verwendet werden. Daher profitierte die Bürgerschaft von dieser Rechtsauskunft. Und typischerweise enthielten andere Stadtrechte häufig ähnliche Regeln. Und auch eine Magdeburger Rechtsmitteilung an die schlesische Stadt Schweidnitz (1363) beschäftigte sich mit demselben Thema.
Die Quelle ist zitiert nach: Friedrich Ebel (Hrsg.), Magdeburger Recht. Bd. II: Die Rechtsmitteilungen und Rechtssprüche für Breslau. Teil 1: Die Quellen von 1261 bis 1452, Köln/Wien 1989, S. 2.
Dr. Katalin Gönczi